Hilbert-Schmidt-Operator

In der Mathematik ist ein Hilbert-Schmidt-Operator (nach David Hilbert und Erhard Schmidt) ein stetiger linearer Operator auf einem Hilbertraum, für den eine gewisse Zahl, die Hilbert-Schmidt-Norm, endlich ist. Die Hilbert-Schmidt-Klasse, das heißt die Menge all dieser Operatoren, bildet mit der Hilbert-Schmidt-Norm eine Banachalgebra, die gleichzeitig ein Hilbertraum ist. Hilbert-Schmidt-Operatoren können durch unendlich-dimensionale Matrizen charakterisiert werden.

Motivation und Definition

Seien ( e i ) i {\displaystyle (e_{i})_{i}} und ( f i ) i {\displaystyle (f_{i})_{i}} zwei Orthonormalbasen im Hilbertraum H {\displaystyle H} . A {\displaystyle A} sei ein stetiger linearer Operator auf H {\displaystyle H} . Dann gilt

i A e i 2 = i , k | A e i , f k | 2 = i , k | e i , A f k | 2 = k A f k 2 {\displaystyle \sum _{i}\|Ae_{i}\|^{2}\,=\,\sum _{i,k}|\langle Ae_{i},f_{k}\rangle |^{2}\,=\,\sum _{i,k}|\langle e_{i},A^{*}f_{k}\rangle |^{2}\,=\,\sum _{k}\|A^{*}f_{k}\|^{2}} .

Indem man zwei gleiche Orthonormalbasen, ( e i ) i = ( f i ) i {\displaystyle (e_{i})_{i}\,=\,(f_{i})_{i}} , verwendet, zeigt diese Rechnung, dass die linke Seite unverändert bleibt, wenn man A {\displaystyle A} durch A {\displaystyle A^{*}} ersetzt. Das gilt dann auch für die rechte Seite. Ersetzt man dort A {\displaystyle A} durch A {\displaystyle A^{*}} bei unterschiedlichen Orthonormalbasen und beachtet A = A {\displaystyle A^{**}=A} , so erkennt man, dass die Größe i A e i 2 {\displaystyle \textstyle \sum _{i}\|Ae_{i}\|^{2}} unabhängig von der gewählten Orthonormalbasis ist. Ist diese Größe endlich, so heißt A {\displaystyle A} ein Hilbert-Schmidt-Operator und

A 2 := ( i A e i 2 ) 1 2 {\displaystyle \|A\|_{2}:=\left(\sum _{i}\|Ae_{i}\|^{2}\right)^{\frac {1}{2}}}

ist seine Hilbert-Schmidt-Norm. Statt A 2 {\displaystyle \|A\|_{2}} findet man auch die Schreibweise A H S {\displaystyle \|A\|_{HS}} .

Die Hilbert-Schmidt-Klasse, das heißt die Menge aller Hilbert-Schmidt-Operatoren auf H {\displaystyle H} , ist hinsichtlich der algebraischen Operationen Addition, Multiplikation und dem Adjungieren abgeschlossen. Sie ist also eine Algebra und wird mit H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} bezeichnet.

Ein Operator A : H 1 H 2 {\displaystyle A\colon H_{1}\rightarrow H_{2}} zwischen zwei Hilberträumen heißt Hilbert-Schmidt-Operator, wenn i A e i 2 {\displaystyle \textstyle \sum _{i}\|Ae_{i}\|^{2}} für eine Orthonormalbasis ( e i ) i {\displaystyle (e_{i})_{i}} von H 1 {\displaystyle H_{1}} endlich ist. Ähnlich wie oben überlegt man sich, dass diese Zahl von der speziellen Wahl der Orthonormalbasis unabhängig ist, und bezeichnet die Wurzel aus dieser Zahl ebenfalls mit A H S {\displaystyle \|A\|_{HS}} .

Unendliche Matrizen

Legt man eine Orthonormalbasis fest, so kann man jeden stetigen linearen Operator auf H {\displaystyle H} als unendliche Matrix ( a i , j ) i , j {\displaystyle (a_{i,j})_{i,j}} mit a i , j = A e j , e i {\displaystyle a_{i,j}=\langle Ae_{j},e_{i}\rangle } auffassen. A {\displaystyle A} ist durch diese Matrix und die gewählte Orthonormalbasis eindeutig bestimmt, denn A e i {\displaystyle Ae_{i}} wird auf j A e i , e j e j {\displaystyle \textstyle \sum _{j}\langle Ae_{i},e_{j}\rangle e_{j}} abgebildet. Es gilt i , j | a i , j | 2 = A 2 2 {\displaystyle \textstyle \sum _{i,j}|a_{i,j}|^{2}\,=\,\|A\|_{2}^{2}} . Daher sind die Hilbert-Schmidt-Operatoren genau diejenigen stetigen, linearen Operatoren, deren Matrixkoeffizienten quadratisch summierbar sind. Mit Hilfe der Hölder-Ungleichung ergibt sich die Submultiplikativität der Hilbert-Schmidt-Norm, das heißt A B 2 A 2 B 2 {\displaystyle \textstyle \|AB\|_{2}\leq \|A\|_{2}\|B\|_{2}} . Die Hilbert-Schmidt-Norm verallgemeinert daher die Frobeniusnorm auf den Fall unendlich-dimensionaler Hilberträume.

Integraloperatoren

Viele fredholmsche Integraloperatoren sind Hilbert-Schmidt-Operatoren. Sei nämlich T L ( L 2 ( [ 0 , 1 ] ) , L 2 ( [ 0 , 1 ] ) ) {\displaystyle T\in L(L^{2}([0,1]),L^{2}([0,1]))} ein beschränkter Operator von L 2 ( [ 0 , 1 ] ) {\displaystyle L^{2}([0,1])} nach L 2 ( [ 0 , 1 ] ) {\displaystyle L^{2}([0,1])} , dann kann gezeigt werden, dass T {\displaystyle T} genau dann ein Hilbert-Schmidt-Operator ist, wenn es einen Integralkern k L 2 ( [ 0 , 1 ] × [ 0 , 1 ] ) {\displaystyle k\in L^{2}([0,1]\times [0,1])} gibt mit

T ( x ) ( s ) = 0 1 k ( s , t ) x ( t ) d t {\displaystyle T(x)(s)=\int _{0}^{1}k(s,t)x(t)\mathrm {d} t}

fast überall. In diesem Fall stimmen die Hilbert-Schmidt-Norm von T {\displaystyle T} und die L 2 {\displaystyle L^{2}} -Norm von k {\displaystyle k} überein, es gilt also

T H S = ( 0 1 0 1 | k ( s , t ) | 2 d s d t ) 1 2 = k L 2 . {\displaystyle \|T\|_{HS}=\left(\int _{0}^{1}\int _{0}^{1}|k(s,t)|^{2}\mathrm {d} s\mathrm {d} t\right)^{\frac {1}{2}}=\|k\|_{L^{2}}.}

Eine analoge Aussage gilt auch für beliebige Maßräume anstatt des Einheitsintervalls.

HS(H) als Hilbertraum

Das Produkt zweier Hilbert-Schmidt-Operatoren ist stets ein Spurklasse-Operator. Sind A {\displaystyle A} und B {\displaystyle B} zwei Hilbert-Schmidt-Operatoren, so ist daher durch A , B := S p ( B A ) {\displaystyle \langle A,B\rangle :=Sp(B^{*}A)} ein Skalarprodukt auf dem Raum der Hilbert-Schmidt-Operatoren definiert. H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} wird mit diesem Skalarprodukt ein Hilbertraum und es ist A 2 = A , A {\displaystyle \|A\|_{2}={\sqrt {\langle A,A\rangle }}} , d. h. die Hilbert-Schmidt-Norm ist eine Hilbertraumnorm. Im endlichdimensionalen Fall entspricht dieses Hilbert-Schmidt-Skalarprodukt dem Frobenius-Skalarprodukt für Matrizen.

HS(H) als Banachalgebra

Die Operatoren-Algebra H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} ist mit der Hilbert-Schmidt-Norm nicht nur ein Hilbertraum, sondern wegen der Ungleichung A B 2 A 2 B 2 {\displaystyle \|AB\|_{2}\leq \|A\|_{2}\|B\|_{2}} gleichzeitig eine Banachalgebra. H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} ist ein zweiseitiges Ideal in der Algebra B ( H ) {\displaystyle B(H)} aller stetigen, linearen Operatoren auf H, und es gilt B A C 2 B A 2 C {\displaystyle \|BAC\|_{2}\leq \|B\|\cdot \|A\|_{2}\cdot \|C\|} für alle A H S ( H ) {\displaystyle A\in HS(H)} , B , C B ( H ) {\displaystyle B,C\in B(H)} . Jeder Hilbert-Schmidt-Operator ist ein kompakter Operator. Daher ist H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} auch ein zweiseitiges Ideal in der C*-Algebra K ( H ) {\displaystyle K(H)} der kompakten Operatoren auf H {\displaystyle H} , H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} liegt dabei dicht in K ( H ) {\displaystyle K(H)} bzgl. der Operatornorm. Die Spurklasse N ( H ) {\displaystyle N(H)} ist als zweiseitiges, dichtes Ideal in H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} enthalten. Man hat daher die Inklusionen

N ( H ) H S ( H ) K ( H ) B ( H ) {\displaystyle N(H)\subset HS(H)\subset K(H)\subset B(H)} .

Außer { 0 } {\displaystyle \{0\}} und sich selbst enthält H S ( H ) {\displaystyle HS(H)} keine weiteren 2 {\displaystyle \|\cdot \|_{2}} -abgeschlossenen zweiseitigen Ideale. Die Algebra der Hilbert-Schmidt-Operatoren ist in diesem Sinne einfach, sie bildet den Grundbaustein der Strukturtheorie der H*-Algebren.

Siehe auch

  • Die Hilbert-Schmidt-Operatoren bilden einen Spezialfall einer Schatten-Klasse.

Literatur